Kontakt

Kontakt

15.04.2024 Pharmakologie

Neuer Wirkstoff aus Benediktenkraut fördert Nervenreparatur

Vielversprechende Studie zu neuer Indikation

Benediktenkraut, Foto: Adobestock / E. Schittenhelm

Benediktenkraut (Cnicus benedictus) ist eine Pflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) und wächst auch in unseren Breiten. Es wird seit Jahrhunderten in Form von Extrakten oder Tees als Heilpflanze verwendet, zum Beispiel bei Verdauungsbeschwerden. Forschende des Zentrums für Pharmakologie der Uniklinik Köln und der Medizinischen Fakultät haben nun unter Projektleitung von Dr. Philipp Gobrecht und Univ.-Prof. Dr. Dietmar Fischer eine ganz neue Indikation für einen definierten Inhaltsstoff dieser Pflanze mit dem Namen Cnicin entdeckt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten in einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1.200.000 Euro geförderten Studie (PARREGERON) nachweisen, dass Cnicin das Faserwachstum (Axone) von verschiedenen Nervenzellen deutlich beschleunigt. Die positive Wirkung nach einer Cnicin-Behandlung konnte in verschiedenen Tiermodellen gezeigt werden. So wurden Lähmungen und Taubheitsgefühl nach Nervenschädigung durch die tägliche Gabe des Wirkstoffs sehr viel schneller überwunden als bei unbehandelten Nagern. Der Nachweis zur axonalen Regeneration gelang auch an menschlichen Nervenzellen, die zuvor aus gespendeten Netzhäuten von Patienten gewonnen wurden.

Beim Menschen und größeren Tieren, bei denen die Regenerationstrecken von verletzten Nerven deutlich länger sind, ist der Heilungsprozess oft langwierig und häufig sogar irreparabel, da die Nervenfasern ihre Zielgebiete nicht rechtzeitig erreichen können. Eine erhöhte Regenerationsgeschwindigkeit könnte hier einen großen Unterschied machen, da die Fasern über das beschleunigte Wachstum in dieser Zeit mehr Strecke machen und so ihre ursprünglichen Zielgebiete noch rechtzeitig erreichen können, bevor irreversible Funktionsverluste greifen. Im Gegensatz zu einem ähnlichen Wirkstoff, den das Team um Zentrumsleiter Prof. Dr. Dietmar Fischer bereits früher entdeckt hat, zeigt Cnicin einen entscheidenden Vorteil: „Cnicin gelangt nach oraler Gabe ins Blut. Es muss nicht gespritzt werden“, führt Prof. Fischer aus. Allerdings ist die richtige Dosis hierbei sehr wichtig, denn Cnicin wirkt nur in einem bestimmten Dosis-Fenster. Zu niedrige oder zu hohe Dosen sind unwirksam. „Daher müssen unbedingt weiterführende klinische Studien am Menschen durchgeführt werden“, so der Wissenschaftler. Die Kölner Forschenden planen momentan entsprechende Studien. Das Zentrum für Pharmakologie widmet sich unter anderem konsequent der Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln zur Reparatur des geschädigten Nervensystems.

Publikation: PHYTOmedicine, https://doi.org/10.1016/j.phymed.2024.155641

Open Access: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0944711324003003