Methoden und Modelle

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die von uns verwendeten Methoden und Modelle. Gerne unterstützen wir Sie bei Ihrem persönlichen Forschungsvorhaben mit unserer Expertise.

Tiermodelle

Wir verwenden für unsere Forschung Tiermodelle von Verletzungen des peripheren (PNS) und zentralen Nervensystems (ZNS) oder der Herzinsuffizienz. An diesen Modellen werden pathologische Prozesse untersucht, wie sie auch beim Menschen vorkommen. Hierbei werden auch gentechnisch veränderte Mäuse verwendet, um den Einfluss bestimmter Gene/Proteine gezielt analysieren zu können. Diese Mauslinien stellen dabei teilweise auch selbst Krankheitsmodelle für Diabetes oder der Herzinsuffizienz dar, anhand derer wir über (patho-) physiologische Untersuchungen auf zellulärer und molekularer Ebene hinaus den Zusammenhang zum Phänotyp in vivo herstellen zu können. Wir stellen dabei sehr hohe Qualitätsansprüche an uns, den Tierschutz und das jeweilige Modell, um eine größtmögliche Aussagekraft der Studien zu erreichen. Die Auswertung erfolgt unter anderem mittels verschiedener sensorischer und motorischer Verhaltenstests sowie histopathologisch z.B. mittels immunhistologischer Färbungen der Gewebe. Auf diese Weise können wir die Modelle sowohl funktionell als auch morphologisch charakterisieren und z.B. den Erfolg von pharmakologischen Interventionen zuverlässig beurteilen.

Periphere Neuropathien (PNS)
Verletzunge peripherer Nerven
IschiasnervMediannerv
Quetschung und TranssektionQuetschung
Maus
Ratte
Kaninchen
Maus
Ratte

Zentrales Nervensystem (ZNS)
Verletzungen des zentralen Nervensystems
RückenmarkOptischer Nerv
Vollständige Quetschung PyramidotomyQuetschung und Transsektion
MausMaus

In vivo Neuroprotektion

Neben den in der Tabelle aufgeführten Verletzungsmodellen, die wir hauptsächlich im Rahmen von Regenerationsstudien einsetzen, untersuchen wir auch die neuroprotektiven Mechanismen. Dabei betrachten wir das Überleben retinaler Ganglienzellen nach Verletzung des Sehnervs (Transsektion) z.B. mittels retrograder Färbung der Nervenzellen. Pharmakologisch oder mittels Gentherapie verhindern wir das Absterben der Neurone, damit eine Regeneration der durchtrennten Axone erfolgen kann. Substanzen, die auf ihre neuroprotektiven Eigenschaften hin getestet werden, können entweder systemisch oder direkt in den Glaskörper (intravitreal) des Auges appliziert werden.

Zellkultur

Bestimmte Fragestellungen lassen sich in einem weniger komplexen System besser erfassen, daher benutzen wir für unsere Forschung nicht nur Tiermodelle, sondern initial Zellkulturen. Neben etablierten Zelllinien nutzen wir vor allem primäre Zellen des Hinterwurzelganglions oder retinale Ganglienzellen.

Molekularbiologie

Uns steht eine große Bandbreite molekularbiologischer Methoden zur Verfügung, mittels derer wir zelluläre Vorgänge unserer Modellsysteme untersuchen können, wie z.B. die Genexpression nach Verletzung oder während der Regeneration oder den Einfluss von pharmakologisch wirksamen Substanzen auf bestimmte Signalwege. Außerdem sind wir in der Lage Proteine zu identifizieren und zu charakterisieren, die als mögliche therapeutische Targets in Frage kommen. Auch die Expression rekombinanter Proteine oder die Herstellung viraler Vektoren für gentherapeutische Ansätze wird durchgeführt.

Pharmakologie

Mittels pharmakologischer Methoden wollen wir die Regeneration des peripheren und zentralen Nervensystems nach Verletzung verbessern und so einen Beitrag für die Entwicklung neuer Medikamente leisten.

Im Tiermodell können wir dabei verschiedene Substanzklassen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, der Dosierung und des optimalen Applikationsweges (z.B. intraperitoneal, oral oder intravenös) untersuchen. Funktionelle Verhaltenstests und histologische und anatomische Untersuchungen geben uns Hinweise auf die Wirksamkeit der Substanzen (Mode of Action) und über potentielle klinische Anwendungen, wenn der Wirksamkeitsnachweis gelingt (Proof of Concept). Mittels molekularbiologischer Methoden und Zellkultur können wir den zugrundeliegenden Wirkmechanismus entschlüsseln (Mechanism of Action).

Gentherapie

Uns interessiert nicht nur die Möglichkeit, pharmakologisch Einfluss auf die Regeneration von Nervengewebe zu nehmen, sondern auch mittels Gentherapie. Dabei wird Nukleinsäure (DNA oder RNA) in die Zellen eines Individuums eingebracht, um z.B. ein defektes Gen, welches für eine Krankheit ursächlich ist, gegen ein gesundes auszutauschen oder einfach zu exprimieren. Auch die Expression wichtiger Signalmoleküle kann so gesteuert werden und der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden. Die Übertragung der Nukleinsäure erfolgt primär durch Viren. Es können aber auch Körperzellen entnommen, gentechnisch verändert und wieder reimplantiert werden. Gentherapeutika gehören zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien. Bisher sind noch nicht viele Gentherapeutika auf dem Markt, da die Technologie noch relativ jung ist und die Zulassungsbehörden strenge Qualitätsansprüche an die klinischen Studien stellen, um die Patientensicherheit zu gewährleisten.

Isolation von Herzmuskelzellen

Für unsere Patch-Clamp-Experimente verwenden wir u.a. isolierte Herzmuskelzellen (Ventrikelmyozyten) der Maus. Diese Zellen isolieren wir frisch, da sie nur schwer in Kultur genommen werden können und dabei rasch ihre typischen Eigenschaften verlieren oder sich nicht mehr für alle Untersuchungen eignen. Ventrikelmyozyten sind schon allein von ihre Morphologie her besonders, da sie lang gestreckt und relativ groß sind und ihre Zellmembran Einstülpungen aufweist (sogenannte T-Tubuli), die für die elektromechanische Kopplung ("excitation-contraction couling") wesentlich sind. Neben der Morphologie lässt sich auch die Proteinexpression und -lokalisation in kultivierten Zellen wie z.B. den der weit verbreiteten und auch von uns verwendeten HEK293-Linie nicht nachahmen, sodass viele Untersuchungen zur (patho-) physiologischen Regulation von z.B. Ionenkanälen an Primärzellen durchgeführt werden müssen. Hierfür nutzen wir u.a. Ventrikelmyozyten gentechnisch veränderter Mäuse [bitte zum Abschnitt "Tiermodelle" verlinken].

Patch-Clamp-Methode

Seit vielen Jahren machen wir elektrophysiologische Untersuchungen an Zellen aus der Zellkultur (v.a. HEK293) oder an frisch isolierten Primärzellen, v.a. Herzmuskelzellen (Ventrikelmyozyten) der Maus. Zur Anwendung kommt die Patch-Clamp-Technik. Dabei messen wir in der "whole-cell-Konfiguration" Ströme, die über die gesamte Zellmembran fließen, wie es z.B. bei einem Aktionspotenzial der Fall wäre. In der "cell-attached-Konfiguration" können wir Ströme messen, die durch einen einzelnen Ionenkanal fließen. Wir können hier also einem einzelnen Molekül live "bei der Arbeit" zugucken.

Pharmakologie

Wir nutzen Wirkstoffe ganz überwiegend als "Werkzeuge", um selektiv die Funktion bestimmter Moleküle zu modulieren. So können wir z.B. in Patch-Clamp-Untersuchen durch die Kombination mit dem passenden Messprotokoll (u.a. Haltepotenzial, Testpotenzial, Häufigkeit und Dauer einer Potenzialänderung) Ionenströme messen, die durch eine ganz bestimmte Art von Ionenkanälen fließen. Dabei können wir einerseits gezielt Ströme unterdrücken, die nicht von Interesse sind oder andererseits eine Veränderung der Stromantwort hervorrufen, die für eine bestimmte Art von Ionenkanal spezifisch ist, z.B. um diese eindeutig zu identifizieren. Zum Teil untersuchen wir aber auch neue Wirkstoffe mit der Frage, ob und welchen Einfluss sie auf z.B. Ionenkanäle oder modulierende G-Proteine haben.

Pharmakokinetische Biomarker

Die Kinetik von Arzneistoffen (Pharmakokinetik) und von anderen Fremdstoffen wird durch die Aktivität der zugrundeliegenden pharmakokinetischen Prozessen bestimmt (u.a. glomeruläre Filtration, Umsatz durch Fremdstoff-metabolisierende Enzyme und Transporter). Anhand von in vitro - Daten ist eine Vorhersage der Aktivitäten dieser Prozesse beim Menschen nur eingeschränkt möglich. Wir entwickeln und validieren daher u.a. mithilfe klinischer Studien Methoden, mit denen anhand von endogenen oder exogenen Markersubstanzen solche Aktivitäten beim individuellen Probanden oder Patienten selektiv gemessen werden können. Pharmakokinetische Biomarker ermöglichen auch die Quantifizierung von entsprechenden Einflussfaktoren (z.B. bei Arzneimittelinteraktionen) und leisten einen Beitrag zu einer individuell optimierten Dosierung von Arzneimitteln.

Klinische Studien an gesunden Freiwilligen

Zur Bestimmung der Sicherheit und Verträglichkeit, der Pharmakokinetik und der Wirkung von Arzneimitteln beim Menschen sind klinische Studien an Gesunden unverzichtbar. Wir führen auf unserer Probandenstation (12 Betten) klinische Studien sowohl nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) als auch außerhalb der Regelungen des AMG durch. Dabei wird die Qualität u.a. durch Einhaltung der gültigen GCP (good clinical practice)  - Richtlinien und durch Berücksichtigung unserer Verfahrensleitlinien (standard operating procedures, SOPs) gesichert. Wir können alle anfallenden Aufgaben von der Konzeption über die Erstellung der erforderlichen Dokumente, die Einreichung bei Ethikkommissionen und Behörden, die operative Durchführung, die Auswertung bis zur Berichtung eigenständig durchführen, arbeiten aber auch gerne mit Kooperationspartnern zusammen.

Klinische Studien an Patienten

In Zusammenarbeit mit den Kliniken der Uniklinik wie auch mit anderen Kooperationspartner beteiligen wir uns an klinischen Studien an Patienten, bei denen eine pharmakokinetische Fragestellung geprüft werden soll. Die Art der Kooperation reicht dabei entsprechend der Fragestellung und der Präferenzen der Kooperationspartner von einer eingeschränkten Zuarbeit hinsichtlich einer spezifischen Aufgabe bis zur Federführung.

Populationspharmakokinetische / pharmakodynamische Modellierung und Simulation

Mit diesem „top-down“ Verfahren (Software: u.a. NONMEM, Monolix) ermitteln wir aus den experimentellen Daten klinischer Studien die pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften von Arzneistoffen und anderen Fremdstoffen und erfassen gleichzeitig die Variabilität der Arzneistoffkonzentrationen in der untersuchten Population. Der Beitrag von Einflussfaktoren wie die Aktivität zugrundliegender pharmakokinetischer Prozesse (s. Abschnitt “pharmakokinetische Biomarker) oder anthropometrische Daten zur Gesamtvariabilität kann dabei geprüft und quantifiziert werden.

Physiologie-basierte pharmakokinetische (PBPK) Modellierung von Arzneistoffen

Mit der PBPK Modellierung von Arzneistoffen (Software: u.a. PK-SIM) versuchen wir, auf der Grundlage von physikochemischen Eigenschaften einer Substanz und der Aktivität der für diese Substanz relevanten pharmakokinetischen Prozesse die Konzentrations-Zeit-Verläufe der Wirkstoffe in den Organen und Geweben eines Organismus zu beschreiben und vorherzusagen („bottom-up“ - Verfahren). Wenn die Vorhersagen solcher Modelle in guter Übereinstimmung mit experimentell erhobenen Daten stehen, können sie auch für nicht untersuchte Populationen (z.B. Ältere) Vorhersagen machen und Dosisempfehlungen bereitstellen, ohne dass zu jeder einzelnen Fragestellung neue klinische Studien durchgeführt werden müssen.

Bestimmung von Arzneistoffkonzentrationen mit Hochleistungsflüssigkeitschromatographie / Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS)

Die empfindliche, spezifische und präzise Messung von Arzneistoffkonzentrationen in biologischen Flüssigkeiten wie auch in Puffern und Medien ist eine wichtige Voraussetzung zur Bestimmung ihres Verhaltens in jeglichen Systemen (in vitro, Tierversuch, klinische Studie). Mit mehreren triple quadrupol - Massenspektrometern können wir solche Konzentrationen z.T. bis in den Bereich von pg/ml sicher quantifizieren. Diese Technik, die seit knapp zwei Jahrzehnten breit verfügbar ist, ist zur Bearbeitung unserer Fragestellungen absolut adäquat.

Bestimmung der Aktivität von humanen Cytochrom P450 (CYP) - Enyzmen in vitro

CYPs sind oft die geschwindigkeitsbestimmenden Enzyme im Arzneistoffmetabolismus des Menschen. Verlässliche Methoden zur Aktivitätsbestimmung in vitro, die auch einen hohen Durchsatz ermöglichen, sind wesentlich für eine erste Charakterisierung von Arzneistoffen als Substrate oder Inhibitoren der wichtigsten CYPs. Durch die Kombination verschiedener Substrate in einem „in vitro - Cocktail“ und durch die Verwendung fortgeschrittener Auswerteverfahren können Art und Ausmaß von Wechselwirkung der Arzneistoffe mit den Enzymen verlässlich ermittelt werden.

Gewinnung von Targetproteinen

Für die Identifizierung und initiale Untersuchung neuer Wirkstoffkandidaten (Liganden) ist es notwendig, die entsprechenden Zielstrukturen (Targets) in gereinigter Form zur Verfügung zu haben. Bei der Mehrzahl solcher Zielstrukturen handelt es sich um rekombinante Proteine, die wir mit Hilfe von prokaryotischen oder eukaryotischen Überexpressionssystemen herstellen und durch verschiedene säulenchromatographische Verfahren aufreinigen. Eukaryotische Zellen kommen hierbei immer dann zum Einsatz, wenn das Targetprotein posttranslationale Modifikationen enthält, zu denen Bakterienzellen nicht fähig sind. Die auf diese Weise erhaltenen Proteine werden zunächst hinsichtlich ihrer Reinheit und Identität untersucht bevor sie in verschiedenen Aktivitäts- oder Bindungsassays für die Identifikation/Charakterisierung von Liganden verwendet werden sowie von Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern für die kristallographische Untersuchung von Target-Ligand-Komplexen eingesetzt werden.

Entwicklung hochdurchsatzfähiger Assaymethoden

Um die direkte Interaktion eines Liganden mit seinem Target qualitativ und quantitativ charakterisieren zu können, bedarf es biochemischer Testmethoden (Assays), die die Beeinflussung der Bindung zweier Moleküle (Bindungsassay) oder die Modulation der Aktivität von Enzymen (Aktivitätsassay) erfassen. Bei vielen dieser Assays setzen wir spektrophotometrische oder Fluoreszenz-basierte Methoden sowie die Microscale-Thermophorese ein. Dementsprechend besteht der erste Schritt in der Entwicklung von chromogenen oder fluorogenen Enzymsubstraten bzw. in der Generierung von fluoreszenzmarkierten Sonden mit hoher Bindungsaffinität für die Zielproteine und deren Charakterisierung an den Targets. Zur Validierung von neuentwickelten Assays für die Suche nach Wirkstoffkandidaten untersuchen wir zunächst literaturbekannte Liganden hinsichtlich ihres Verhaltens gegenüber dem System aus Target und Substrat(en) bzw. Sonde(n) und bestimmen die Dissoziationskonstante der literaturbekannten Liganden. Weiterhin optimieren wir die Assays, wenn möglich, für die Untersuchung von Substanzbibliotheken im Hochdurchsatz-Verfahren unter Verwendung von 96er oder 384er Mikrotiterplatten. Die validierten und optimierten Assays werden schließlich für die Identifizierung und Charakterisierung neuer Liganden eingesetzt.

Identifizierung und Charakterisierung von Liganden

Bei der Identifizierung und initialen Untersuchung neuer Wirkstoffkandidaten (Liganden) schauen wir uns zunächst die Interaktion einer Vielzahl von Verbindungen mit dem Target an. Zu diesem Zweck führen wir sog. Hochdurchsatzscreenings von Substanzbibliotheken an rekombinanten Targetproteinen durch, die wir zuvor in prokaryotischen oder eukaryotischen Überexpressionssystemen generiert haben und nutzen hierfür zu diesem Zweck entwickelte Bindungs- oder Aktivitätsassays. Identifizierte „hits“ werden weitergehend hinsichtlich ihrer Interaktion mit dem Target quantitativ charakterisiert, um so auf Struktur-Wirkungs-Beziehungen zu schließen, die der Ausgangspunkt für eine weitere Optimierung der Liganden hinsichtlich ihrer Bindungsaffinität sind. Zudem werden ausgewählte Liganden gemeinsam mit dem Target kristallisiert, wodurch Informationen über das genaue Bindungsverhalten der Liganden erhalten werden.

Bestimmung der Aktivität von humanen Cytochrom P450 (CYP) - Enyzmen in vitro

CYPs sind oft die geschwindigkeitsbestimmenden Enzyme im Arzneistoffmetabolismus des Menschen. Verlässliche Methoden zur Aktivitätsbestimmung in vitro, die auch einen hohen Durchsatz ermöglichen, sind wesentlich für eine erste Charakterisierung von Arzneistoffen als Substrate oder Inhibitoren der wichtigsten CYPs. Durch die Kombination verschiedener Substrate in einem „in vitro - Cocktail“ und durch die Verwendung fortgeschrittener Auswerteverfahren können Art und Ausmaß von Wechselwirkung der Arzneistoffe mit den Enzymen verlässlich ermittelt werden.